Die Projekte

La Récréation de Bach

Bereits während seiner Lehrjahre in Lüneburg kopierte Johann Sebastian Bach in der ortsansässigen St. Michaelis Bibliothek die Musik vieler italienischer und französischer Komponisten seiner Zeit. Viele der späteren Kompositionen Bachs wurden von der Neugier auf französische Musik inspiriert, so auch die “Sechs französischen Suiten für das Clavecin” (1722-1724) und die berühmten Cellosuiten (1717-1723), die er während seiner Zeit als Köthener Kapellmeister komponierte.

Ein Barockkomponist war zur Produktivität gezwungen, musste doch zu allen möglichen kirchlichen oder höfischen Anlässen Musik zur Verfügung stehen. So war es geradezu alltäglich, existierende Stücke für die Besetzung, die gerade zur Verfügung stand, umzukomponieren oder neu zu arrangieren. Die Bearbeitung war zugleich ein spannendes Experimentierfeld, in dem der Komponist mit neuartigen Klangfarben spielte. Die beiden Arrangements des Konzerts „La récréation de Bach“ stehen in der Tradition dieser Kompositionsweise, die in der unmittelbaren Musizierpraxis verwurzelt ist.

Der Musik Bachs stellen wir in unserem Programm eine Komposition von Jean-Marie Leclair gegenüber, welcher sich zur Zeit Ludwigs XV. im Mittelpunkt des kulturellen Lebens in Paris befand. „La deuxième récréation de musique“ schrieb der sowohl im Tanz als auch im Violinspiel ausgebildete Musiker im Jahr 1737 während seiner Funktion als „Ordinaire de la musique du roi” in Versailles.

Inspiriert von Bachs Musik ist die in diesem Programm erklingende Uraufführung, in der Jonathan Keren Bezug nimmt auf die Französische Suite Nr. 3 für Cembalo.

Das Programm

Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Suite Nr. 1 G-Dur für Violoncello solo, BWV 1007 (Teil 1). Arrangement: Ira Givol

Französische Suite Nr. 3 b-moll für Cembalo, BWV 814. Arrangement: Jonathan Keren

Suite Nr. 1 G-Dur für Violoncello solo, BWV 1007 (Teil 2). Arrangement: Ira Givol


Jean-Marie Leclair (1697-1764)
Deuxième Récréation de Musique, op.8

 

Jonathan Keren (*1978)
Suite für Streicherensemble und Cembalo (Uraufführung)

Back to Intimacy

Ein Konzerterlebnis im 1:1-Modus mit vom Publikum selbst ausgewählten Stücken – auch mit unserem Konzept „back to intimacy“ behalten wir als Ensemble unser sehr persönliches künstlerisches Ziel im Blick, das Publikum durch unsere Musik und ihre Präsentation neuartig anzusprechen und zu berühren.

Nachdem im Frühjahr 2020 der Konzertbetrieb durch die Corona-Krise zum Erliegen kam, entstand rasch eine große Bandbreite von digitalen Konzert-Angeboten über das Internet. Mit Konzerten im Live-Stream, Stay-Home-Videos und Aufnahmen aus den Privaträumen der Musikerinnen und Musiker wurde versucht, ausgefallene und abgesagte Konzerte zu ersetzen. Später entwickelten sich aus dem Bedürfnis, mit Kunst Lebensfreude zu schenken und Trost zu spenden, alternative Live-Formate wie spontane Open-Air-Konzerte vor kleinem Publikum, z. B. in Pflegeheimen, oder Ständchen auf dem Balkon für Nachbarn, wie es in den Kölner Veedeln und überall auf der Welt zu beobachten war. Beteiligte, ob Publikum oder Musikerinnen und Musiker, konnten erleben, welche Kraft Musik auch und gerade in Krisenzeiten spendet. Sie erklingt in intimer Atmosphäre, die Künstlerinnen und Künstler treten dem Publikum ungefiltert entgegen und es entsteht für die Dauer der Aufführung eine solidarische und bereichernde Gemeinschaft.

Von Beginn seines Auftretens an hatte Covid-19 drastische Auswirkungen auf unser aller Leben, am deutlichsten spürbar durch den Verzicht auf Nähe und die Vermeidung von Intimität. Der gebotene Sicherheitsabstand widerspricht der existenziellen Sehnsucht des Menschen, berühren zu wollen und berührt zu werden – eine Sehnsucht, die auch wir Musikerinnen und Musiker mit unserem Schaffen verbinden.

Mit unserem Konzept „back to intimacy“ möchten wir eine kurze, intensive Verbindung zwischen den Musikerinnen und Musikern und ihrem Publikum ermöglichen, die über das hinausgeht, was der bekannte klassische Konzertbetrieb mit seinen eingeübten Ritualen und Abläufen ermöglicht und den Raum und die Nähe zwischen Ensemble und Publikum auf neue Weise erfahrbar macht: die fünf Mitglieder unseres Ensembles spielen für nur fünf Menschen im Publikum. Bereits vor dem Konzert findet ein intensiver Austausch zwischen Ensemble und Publikum statt, da je ein Zuschauer und eine Musikerin gemeinsam ein Stück auswählen, das dann im ersten Teil des Konzerts in einem intimen 1:1-Setting aufgeführt wird. Im zweiten Teil des Konzerts erklingt für alle fünf Menschen des Publikums gemeinsam ein vom Ensemble ausgewähltes Programm, das durch stilistische und historische Nähe oder Diskrepanz zu den ausgewählten Stücken des ersten Teils in Beziehung tritt und durch ideelle Verwandtschaft oder Gegenposition und thematische Gesichtspunkte die intime Erfahrung des ersten Teils erweitert, kontrastiert oder spiegelt.

Programm

Im ersten Teil des Konzerts erklingen fünf kurze Solostücke, die frei ausgewählt werden. Dies können existierende Werke, aber auch Arrangements, Improvisationen oder sogar Auftragskompositionen sein.

Werke des zweitenTeils sind Stücke in unterschiedlicher Besetzung.

Le Carnaval Imaginaire

Karneval ist die Zeit der Verkleidung und Kostümierung, der Masken und Verwandlungen. Mit viel Aufwand und Liebe zum Detail widmet sich im närrischen „Fastelovend“ auch der „kölsche Jeck“ seiner immer wieder variierten oder sogar neu kreierten Verkleidung. Musikalisch gesprochen ist der Karneval die Zeit der Variation. So begegnet uns zum Anlass dieses ausgelassenen und lebensbejahenden Festes eine Fülle der verschiedenartigsten Kompositionen, die mit Humor und Witz die Charaktere des Karnevals, aber auch die Atmosphäre und Stimmungen der „fünften Jahreszeit“ immer wieder neu und anders einfangen.

Das Programm „Le carnaval imaginaire“ kombiniert zum einen Musikstücke, die beispielsweise durch ihre Verbindung zur Commedia dell‘arte miteinander geistig verwandt sind. Zum anderen werden diese in humorvoll überraschender Weise mit bekannten und neu für dieses Programm arrangierten Melodien des Kölner Karnevals verknüpft. Als weitere Facette tritt eine moderne Maskerade eines barocken Stücks ergänzend hinzu. Jedes der beschriebenen Musikwerke ist Teil einer imaginären Commedia dell‘arte-Handlung, die typische Elemente und Figuren dieses im 16. Jahrhundert in Venedig entstandenen Stegreiftheaters aufgreift und in das Umfeld des modernen Kölner Karnevals versetzt.

Musikgeschichtlich hat das aus dem Stegreif entwickelte komödiantische Theater der Commedia dell’arte mit seiner Nähe zu Artistik und Pantomime in ganz Europa über Jahrhunderte immer wieder Kompositionen inspiriert. So enthält das Programm von „Le carnaval imaginaire“ u. a. Werke der venezianischen Komponisten Tomaso Albinoni, Domenico Gallo und Marco Facoli aus dem 16.-18. Jahrhundert. Ein Werk von Michel Corette steht für die Beliebtheit der Commedia dell’arte in Paris um die Mitte des 18. Jahrhunderts, Mozart wiederum für das Wiener Faschingstreiben im ausgehenden 18. Jahrhundert. Kontrastierend dazu erklingen Karnevalslieder aus dem 20. Jahrhundert von Willi Ostermann, Willy Millowitsch und der Band „De Räuber“, sowie eine Komposition von Jonathan Keren aus dem Jahr 2019.

Das Programm

Robert de Visée (1650-1725, Paris)
Masquerade

Tomaso Albinoni (1671-1751, Venedig)
Balletto a tre, Op. 3 numero 3 1701)

Willy Ostermann (1876-1936, Köln)
Heimweh nach Köln

Georg Philipp Telemann (1681-1767, Hamburg)
Ouverture-Suite, TWV 55:C5 „La Bouffonne“ oder „Lustige Suite“

Domenico Gallo (1730-1768, Venedig)
Trio Sonata no.1 in G Major (1780)

Fritz Weber (1909-1984, Köln)
Ich bin ene kölsche Jung – Das Lied ist in der Interpretation durch Willy Millowitsch (1909-1999 Köln) bekannt geworden und wird heute v. a. mit diesem in Verbindung gebracht.

Michel Corrette (1707-1795 Paris)
Les Pantins, Concerto Comique in a-moll, (1748)

De Räuber (gegründet 1991 Köln)
Wenn et Trömmelche jeht (1993)

Mister Burneys Reisen

Ein Programm basierend auf dem „Tagebuch einer Musikalischen Reise durch Frankreich und Italien“ von Charles Burney (1773)

1770 macht sich der englische Musiker, Komponist und kürzlich von der University of Oxford zum „Doctor of Music“ ernannte Charles Burney auf die Reise nach Frankreich und Italien, wissbegierig, die aktuellen Trends der Musik in den europäischen Metropolen zu erleben, zu erforschen und zu analysieren. Seine Forschungsergebnisse möchte er für eine „General History of Music“ sammeln. Während seiner Reise durch das Europa im Zeitalter der Aufklärung macht Burney nicht nur Bekanntschaft mit Größen der Aristokratie, Bourgeoisie und wichtigen Persönlichkeiten der Politik, sondern hält Plausch mit den angesagtesten Musikern und Komponisten seiner Zeit. Manche davon sind mit der Zeit in Vergessenheit geraten, andere hingegen werden heutzutage in einem ganz anderen Licht gesehen, als dies noch zu Burneys Zeit der Fall war. So verehrt der Autor beispielsweise abgöttisch Georg Friedrich Händel, wohingegen mit dem „einzig erwähnenswerten“ Bach nicht etwa Johann Sebastian, sondern dessen Sohn Johann Christian gemeint ist.

Seine detaillierten Beobachtungen machen Burney zum „Vater der modernen Musikologie“ Seine stets mit subtilem britischem Humor verfassten Analysen von Konzerten, Charakteren und Situationen, in denen sich Burney des Öfteren auch mit derber Kritik zu Wort meldet, geben einen amüsanten und unterhaltsamen Einblick in die spannende Musikwelt der Barockzeit.

Grund genug für Les Voyageurs, gemeinsam mit der Sopranistin Tehila Nini Goldstein aus den spannendsten Stationen des ersten Teils der Reise von London über Frankreich und die Schweiz nach Venedig ein Programm zu spinnen, in dem das Ensemble die farbenfrohen Beschreibungen aus Burneys Tagebuch durch Musik lebendig werden lässt.

Das Programm

Es erklingen Werke von

Georg Friedrich Händel

Johann Christian Bach

Benedetto Giacomo Marcello

Guiseppe Tartini

Jean-Marie Leclair

François-André Danican Philidor